• Ausstellungsansicht ART AND LIFE, Hannah Weinberger

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Art and Life
Hannah Weinberger

Reports from The Second Day #2
Kuratiert von Chus Martínez

23. Oktober, 2014
Dreispitzhalle, Campus der Künste
Mit Beteiligung verschiedener Musiker und Musikerinnen

Reports from The Second Day beschäftigt sich mit Fragen der Kunstproduktion und der Forschungsarbeit auf dem Campus der Künste. Die Gemeinsamkeit der unterschiedlichen Institute wird in dieser neuen Situation durch die Möglichkeit des Austausches definiert. Eine Offenheit also, die durch das Entdecken der wechselseitigen Anziehungskräfte zwischen Personen und Disziplinen gekennzeichnet ist, aber auch von dem Willen, einen sozialen Raum zu kreieren, in dem verschiedene Arbeitssprachen in den Bereichen Kunst und Design ins Spiel gebracht werden.

Art and Life ist eine vom Institut Kunst bei der in Basel lebenden Künstlerin Hannah Weinberger in Auftrag gegebene Arbeit. Die Dreispitzhalle in der Helsinkistrasse 5 erstreckt sich über 1500 Quadratmeter. Als Industriehalle ist sie gleichzeitig Zeugnis vom Transport- und Industriewesen, das das gesamte Dreispitzareal prägt und verkörpert die Möglichkeiten, die Räume dieser Art für Kunst- und Kulturaktivitäten bieten. Es ist keine leichte Aufgabe derartige Räumlichkeiten zu bespielen. Hannah Weinbergers Arbeiten «hören» immer auf die Umgebung, entstehen ortsspezifisch um Möglichkeiten neuer Beziehungen zwischen dem Werk und dem Publikum entstehen zu lassen. Sound gehört daher zu den wesentlichen Elementen im künstlerischen Schaffen von Hannah Weinberger. Nicht nur im Sinne von Sound, der von einem spezifischen Raum ausgeht, sondern – wie auch in diesem Falle – von Sound als Möglichkeit dessen, was man ein «soziales Konzert» nennen könnte. Mit Licht- und Videotechnologie greift sie in die Atmosphäre der Halle ein, in der sie eine Jam-Session konzipiert, für all jene, die freiwillig oder auch gezwungenermassen auf der Strasse auftreten.

Die Dreispitzhalle verwandelt sich auf diese Weise in eine Art musikalisches Parlament, wo unterschiedliche MusikerInnen auf spontane und doch choreografierte Weise musizieren. Die Arbeit ist zwar ein neues Werk der Künstlerin, schliesst aber gleichzeitig all jene MusikerInnen als Mitwirkende ein, die die Idee eines gemeinsamen sozialen Raumes teilen. Auf ganz schlichte Weise berührt Hannah Weinberger dabei sehr vielschichtige Themenstellungen. Zum Beispiel: Was verstehen wir eigentlich unter Professionalität? Aber auch: Sind Strassen für die Musik da? Strassenkunst ist eine sehr alte Kunstform und wird überall auf der Welt ausgeübt. Das englische Wort «busk» (also im weitesten Sinne «Strassenmusik machen») wurde im frühen 19. Jahrhundert geprägt und stammt vom spanischen Wort «buscar» («suchen», «Ausschau halten») ab. Mit anderen Worten bedeutet also Strassenmusik zu machen, nach einem Publikum Ausschau zu halten – und nach Geld und Gastfreundschaft und Essen zu fragen… Eine allgemein gebräuchliche Form, noch bevor die Aufzeichnung von Musik unter der digitalen Wende zu leiden begonnen hat. Strassen waren die gängigen Orte, die später von Plattformen wie Youtube ersetzt wurden. In den Strassen gelten heute striktere Regulierungen etwa hinsichtlich der Lautstärke, die der Praxis einen neuen Charakter und eine andere Funktion verleihen als in der Vergangenheit.

Die Arbeit von Hannah Weinberger scheint ein grosses Konzert zu sein, das uns aufgeführt wird, in dem wir aber auch selbst zu Performern werden. Die Bewegungen der MusikerInnen in der weitläufigen Dreispitzhalle interagieren mit unseren eigenen, sie lassen uns gewissermassen inmitten und zwischen den MusikantInnen tanzen. Die Künstlerin untersucht auf diese Weise, inwiefern «wir» nicht in PerformerInnen und ZuhörerInnen gespalten sind, sondern vielmehr alle gemeinsam vielfältige Beziehungen eingehen. Indem wir an diesem besonderen Konzert teilhaben, werden wir uns der ästhetischen, gesellschaftlichen und kulturellen Verbindungen bewusst, die sich in einem beständigen Wandel befinden.



Die Performance Art and Life fand im Rahmen der offiziellen Eröffnung des Campus der Künste am Nachmittag des 23. Oktobers 2014 statt.