The Living Theatre
Reports from The Second Day #3
Filmprogramm kuratiert von Chus Martínez
23. Oktober, 2014
Studienkino TP1, Hochhaus, Campus der Künste
Vorführungen der Dokumentarfilme über die experimentelle Theatergruppe The Living Theatre. Diese wurde im Jahr 1947 von der Schauspielerin Judith Malina und dem Künstler Julian Beck in New York gegründet. Die Theatergruppe bestand bis 1985 und war für ihre spezielle Form bekannt, bühnenbildnerische Elemente und Mode mit ihrer textuellen, dramaturgischen und performativen Arbeit ganzheitlich zu verschränken. Die Auswahl der Filme dokumentiert verschiedene Aufführungen und Performances, die dazu beigetragen haben, dieser Theatergruppe über mehr als zwei Jahrzehnte hinweg ihren emblematischen Status zu verleihen. Das Bildmaterial – das nicht immer im besten Zustand ist – erweist sich hier als einzigartige Dokumentation, die dem Publikum deutlich vor Augen führt, wie eine experimentelle Praxis, basierend auf der radikalen Transformation der gesellschaftlichen und geschlechterspezifischen Werte, zum Einsatz gebracht wird. Die Theaterstücke sind in hohem Masse fantasievoll und zeigen, wie man selbst um den Preis, von der Rollendramaturgie abzuweichen sich auf die Möglichkeiten verlässt, die spontane Performance der SchauspielerInnen mit dem Publikum interagieren zu lassen.
Die Filme, deren Entstehung bis Mitte der 50er Jahre zurückreicht, führen das Publikum in eine Welt, die vom Willen bestimmt wird, die Moderne als eine subversiv ästhetische, gesellschaftliche und politische Bewegung neu zu erfinden. Die freundlicherweise von der Fondazione Morra zur Verfügung gestellten Filme belegen eine Praxis, die jenseits jeglicher narrativen oder ästhetischen Konventionen operiert und die von der Idee des Widerstands ebenso getragen ist wie vom Wunsch, den Zuschauer als potenzielles Mitglied einer Gemeinschaft einer neuen Ära miteinzubeziehen. Diese Filme sind für die Gegenwart von ausserordentlicher Relevanz, weil sie uns Antworten auf eine Welt vorschlagen, die von Unsicherheit und Wandel, von politischer Undurchsichtigkeit und Unaufrichtigkeit geprägt wird. The Living Theatre thematisiert ebenso die Problematik, einem System anzugehören wie auch das Risiko der Vereinzelung. Infiziert mit Äusserlichkeiten werden KünstlerInnen dazu gezwungen, dem Druck des Marktes zu gehorchen, sich beständig zu wiederholen, die eigene bereits bestehende und anerkannte Identität in alle Ewigkeit zu reproduzieren; dies gilt es zu überwinden. Das Vertrauen, das The Living Theatre der Technik, der Methode und dem Theater einräumt, verleiht ihm eine unwahrscheinliche Aktualität im Kontext der Bildung.
The Living Theatre, Antigone, 130min
The Living Theatre, Frankenstein, 119min
The Living Theatre, The Brig, 66min
The Living Theatre, Mysteries and Smaller Pieces, 28min
The Living Theatre, Seven Meditations Material, 159min
The Living Theatre, Lost Lost Lost – Street Songs (Jonas Mekas), 35min
The Living Theatre, Paradise Now, 46min
The Living Theatre, Living and Glorious, 45min
The Living Theatre, Six Public Acts, 62min
The Living Theatre, Masse Mensch, 107min
Luke Fowler, All Divided Selves, 2011, Video, 90min
Luke Fowler, Grammar For Listening Parts 1-3, 2009, Video, 56min
Das Filmprogramm wurde gezeigt am Nachmittag des 23. Oktobers 2014 im Rahmen der offiziellen Eröffnung des Campus der Künste.